Holon-Institut

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Konzept Bewachung Atommüll

 

Wächterschaft von AtommmülL

In der Schweiz spricht man vom "Hütekonzept"

"Wenn die Befürworter der Atomenergie eine senkrechte Wand sind, wollen wir uns grenzenlos waagrecht ausbreiten."
(Ruiko Muto aus Fukushima am 19.09.2011 bei der Demonstration mit 60.000 Menschen in Tokyo)

Nach dem schrecklichen Unfall im Atomkraftwerk Fukushima, dessen Ausmaß und Folgen wir aufgrund von mangelnden und verschleiernden Informationen nur erahnen konnten, trafen sich Gabriele Kaupp, Gunter und Barbara, drei TiefenökologInnen der "ersten Stunde" und aktiv in der Anti-AKW-Bewegung seit mehr als 25 Jahren, um Gedanken und Gefühle auszutauschen. Wir erinnerten uns an die von Joanna und Fran Macy in den USA 1990 entwickelte Dia-Show – ein Wächterprojekt für atomaren Müll („Nuclear Guardianship Project“) - die wir in unseren Seminaren oft gezeigt hatten und entschlossen uns, sie neu zu machen.

Unser Engagement und unsere persönliche Motivation uns dieses häufig verdrängten Themas überhaupt anzunehmen haben wir hier zusammengefasst.

Folgende Annahmen, die wir als allgemeingültig voraussetzen, leiten uns:

  1. Der vorhandene und täglich neu produzierte Atommüll sowie die durch Super-GAUs und andere radioaktive fallouts freigesetzte Strahlung ist eine tödliche Gefahr für alles Leben auf der Erde - heute und für unzählige Generationen nach uns.
  2. Bis zum heutigen Tag gibt es auf der ganzen Welt keine Lösung für ein "Endlager von Atommüll", welche die Gefahren einer radioaktiven Verstrahlung für die kommenden Generationen minimiert.
  3. Wenn wir von "Gefahren durch radioaktive Verstrahlung" für kommende Generationen, menschliches wie nicht-menschliches Leben, sprechen, meinen wir nicht die nächsten 10, 20 oder 50 Generationen - bereits dies wäre ein unvorstellbar langer Zeitraum von mehr als 1000 Jahren - wir bewegen uns hier aufgrund der Langwierigkeit der Radioaktivität in Zeiträumen von mehreren Hunderttausenden bis hin zu Millionen Jahren, Zeiträumen also, die die bisherige Menschheitsgeschichte überdauern.

"Wenn wir frei von Angst sind und der
Irrsinn des tödlichen atomaren Erbes, das wir
hinterlassen, nicht mehr abwendbar ist,
dann kann uns nichts mehr aufhalten."
(frei nach Joanna Macy, Juni 2013)
 
Daraus lassen sich folgende Leitgedanken für eine Konzeption der Wächterschaft von Atommüll formulieren:

  1. Atomindustrie und Regierungen haben im Umgang mit dieser lebensgefährlichen Energie und dem produzierten Atommüll  versagt – vergraben und vergessen machen ist bisher ihr einziger „Lösungsansatz“, selbst in Bezug auf das neue "Standortauswahlgesetz für ein Endlager" – und das bei einer Strahlungshalbwertszeit von 24.000 Jahren bei Plutonium. 
  2. Wir setzen uns ein für eine Form der Lagerung des Atommülls und der Materialien aus abgebauten Atomkraftwerken, die eine ständige sorgfältige Überwachung möglich macht. Es gibt dazu verschiedene Denkmodelle.
  3. Wir möchten, dass dafür Sorge getragen wird, dass das Wissen über die Standorte und die gefährliche radioaktive Strahlung über diesen für ein Menschenleben unüberschaubar langen Zeitraum verfügbar bleibt. 

Zu a. Das Vertrauen in Politik und Wirtschaft - die sogenannte Atomlobby - ist tief erschüttert. Unsere politischen und wirtschaftlichen Systeme werden die langen Zeiträume über die eine Bewachung erforderlich ist, nicht überdauern. In einer partizipatorischen Bürgergesellschaft, die eine weitgehende Beteiligung der Menschen ernst nimmt, ist die Art der Lagerung und deren Überwachung deshalb in zivile Hände zu geben, d.h. eine Form der "Wächterschaft von Atommüll" zu organisieren, die auf gemeinnütziger bzw. genossenschaftlicher Basis funktioniert. 

Zu b. Wie müssen solche Lagerungsorte beschaffen sein und welche Formen der Semiotik/Kommunikation sind nötig, damit die Lagerorte über unzählige Generationen im Bewusstsein  bleiben? Welche Standorte sind dafür am Besten geeignet, wenn man weite Transporte möglichst vermeiden will und es keine sicheren Endlager gibt? Welche technischen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit der Atommüll zugänglich und im Notfall rückholbar bleibt? Fragen wie diese  sind zu klären.

Zu c.  Einige Orte oder Regionen auf der Erde sind zum Teil über Taussende von Jahren bis heute im Bewusstsein geblieben, von einigen kennen wir ihre ursprüngliche Bedeutung nicht mehr, und doch gehen wir davon aus, dass es alte Kultplätze, Grabstätten oder heilige Orte waren wie z.B. die Pyramiden in Ägypten, Berge wie der Uluru für die Ureinwohner in Australien, oder alte Moscheen und Kathedralen. Einige dieser Orte sind heute Pilgerstätten - Orte des Erinnerns oder des Gebets. Welche Symbolik, welche Bedeutung sind für Wächterschaftsorte notwendig, damit sie bewacht bleiben können und nicht in Vergessenheit geraten? 

Unser Konzept zur Wächterschaft von Atommüll, das wir bewusst als "Entwurf" bezeichnen, setzt sich mit diesen Leitgedanken und den o.g. Fragen auseinander und möchte zur Diskussion und Auseinandersetzung anregen. Des Weiteren haben wir erste Gedanken und mögliche Schritte für ein Schulungskonzept für diese Wächterschaft formuliert - ein Anfang - wir wünschen uns dafür viele weitere Anregungen.
Sie finden das Konzept hier.

Die Formulierung ethischer Grundsätze  ist ein Teil des Konzepts. Wir halten diese für unerlässlich, um eine klare Absicht für die Bewachung zu formulieren für alle, die mitmachen oder das Projekt unterstützen wollen. Mit Einverständnis von Joanna Macy haben wir diese Grundsätze von ihrer Webseite übernommen und ins Deutsche übersetzt. Vergleiche:  www.joannamacy.net

 

Zu der ursprünglichen Konzeption des "Nuclear Guardianship Projects" in den 1990er Jahren wurde eine Dia-Show erstellt, die auf fiktive und ungewöhnliche Art und Weise mit der Idee der Bewachung vertraut machen sollte. Die Zuschauer sind eingeladen sich in einem imaginären Prozess vorzustellen, als Angehörige künftiger Generationen einen existierenden Bewachungsort in ihrer Zeit (in der Zukunft also) zu besuchen, um dort zu erfahren, wie damals alles begann. Die Dia-Show zeigt die Entstehung der "Atomgeschichte", die Auswirkungen radioaktiven fallouts anhand einiger Beispiele, die "Bewusstwerdung" der Menschen von damals (aus unserer Zeit also) und mögliche erste Handlungsschritte. Wir haben diese Dia-Show überarbeitet, aktualisiert und daraus ist eine Power Point- Präsentation entstanden unter dem Titel "HüterInnen des giftigen Feuers".

Diese Power Point-Präsentation werden wir nicht im Netz veröffentlichen, zeigen sie aber gerne überall dort, wo uns Menschen dazu einladen. Sie kann zu Schulungs- und Fortbildungszwecken, in Schulen und anderen Lernorten eingesetzt werden. Die Präsentation einschließlich einer imaginativen Einführung und anschließendem Austausch benötigt ca. 2-3 Stunden. Die Präambel zur Präsentation finden Sie hier: Präambel

Das eingangs erwähnte Zitat von Ruiko Muto, einer japanischen Anti-AKW-Aktivistin ist Teil einer Rede, die sie bei einer Demonstration vor 60.000 Menschen am 19. September 2011 in Tokyo hielt. Sie können diese hier lesen: Ruiko Muto

Ein Aspekt unseres Engagements betrifft wie oben erwähnt die radioaktive Verstrahlung, die bereits geschehen ist oder noch geschieht, besonders in Krisen- und Kriegsgebieten - wir sprechen von Waffen mit "abgereichertem Uran" (Depleted Uranium). In der Power Point Präsentation wird darauf eingegangen, weshalb wir hier einen Text von Rosalie Bertell dazu veröffentlichen.

- in Englisch
- von Peter Diehl in Deutsch 

Wir freuen uns, unser Konezpt, verbunden mit der Power Point Präsentation vorzustellen und mit ihnen zu diskutieren. Laden Sie uns ein!

"Hoffnung ist nicht das,
was wir in Beweisen finden.
Sie ist das, was wir werden,
wenn wir handeln."
(Motto "Small Planet Institute")


Literaturhinweise siehe "Buchempfehlungen".
Weitere Informationen erhalten Sie hier: www.joannamacy.net